Von Worpswede durch
das Teufelsmoor

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Einsam ragt der Weyerberg
in Worpswede aus der Niederung des Teufelsmoores, dem größten
Moorgebiet Nordwestdeutschlands, hervor. Wie aber kommt ein Berg
ins Moor? Und warum ist das Teufelsmoor heute nicht mehr
gefährlich und geheimnisvoll? Antworten auf diese und andere
Fragen zur Landschaft und Geschichte bietet Ihnen eine
abwechslungsreiche Radtour.
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Bevor wir die Tour beginnen,
ein paar Worte zur Entstehung dieser Landschaft am Ende der Saale
Eiszeit vor ca. 100.000 Jahren.
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Aus einem Gletschertor bei
Gnarrenburg flossen gewaltige Schmelzwasserströme des
Gletschers noch Süden hin ob. Sie spülten die sandigen
Ablagerungen der vorangegangenen Eiszeit in das Weserurstromtal.
So wurde die ehemals durchgehende Geestplatte zwischen den
heutigen Orten Osterholz-Scharmbeck im Westen und Tarmstedt im
Osten zerteilt.
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Der Weyerberg blieb als Rest in
der Mitte der Niederung stehen, weil er einen Kern aus Ton hat,
der von den SchmeIzwasserströmen nicht abgetragen werden
konnte.
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 Blick
auf den Weyerberg. -
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Mit der Klimaerwärmung vor
ca. 10.000 Jahren kehrten Pflanzen und Tiere zurück. Das Eis
der Gletscher taute ab und der Meeresspiegel stieg an. Es kam
immer häufiger zu einem Rückstau von
Überschwemmungswasser in das Teufelsmoorbecken. Unter diesen
wasserreichen Bedingungen konnten sich ab ca. 6000 v. Chr.
zunächst Niedermoore in der Niederung ausbreiten. Dort, wo
auch im Sommer das Wasser hoch stand, wuchsen Schilfröhrichte
und Seggenrieder, am Rande der Überschwemmungsgebiete
Bruchwälder. Die absterbenden Pflanzen fielen ins Wasser und
wurden zu Torf. Um ca. 3000 v. Chr. war das ganze Tal von bis zu
2 m mächtigen Torfen bedeckt und wurde von Hamme, Wörpe
und ihren zahllosen Nebenarmen und Seitenbächen
durchflossen.
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Erst mit einer leichten
Klimaabkühlung und einem Nachlassen der Überschwemmungen
wuchsen dann auf den flußfernen Flächen auch Hochmoore
auf. Sie bildeten zunächst den stark zersetzten Schwarztorf
der später als Brenntorf für die Menschen im
Teufelsmoor wichtig wurde. Als das Großklima um 500 v. Chr.
weiter abkühlte, gewannen die Torfmoose auf den Hochmooren
die Oberhand und bildeten nun einen nur schwach zersetzten Torf,
den Weißtorf. Insgesamt haben die Hochmoore bis zu 12 m
mächtige Torfkörper aufgebaut. So entstand im Laufe der
letzten 8000 Jahre zwischen Bremen und Bremervörde das
größte zusammenhängende Moorgebiet
Nordwestdeutschlands.
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1.
Unsere Tour startet auf dem Weyerberg. Hier wuchs vor der
Besiedlung durch den Menschen ein Eichen-Mischwald mit Birken,
Kiefern und teilweise auch mit Buchen. Durch Brenn- und
Bauholznutzung, Waldweide und Rodung wurde der Wald auf dem Berg
immer weiter aufgelichtet. Die Steuerlast im Dreißigjährigen
Krieg ( 1618 - 48) zwang die Bauern, mehr als 4000 alte Eichen
auf dem Weyerberg zu fällen und zu verkaufen. Anstelle des
Waldes breitete sich die Heide immer weiter aus. Sie wurde
beweidet und geplaggt, d.h. abgestochen, im Stall eingestreut und
dann als Dünger auf die kleinen Äcker ausgebracht.
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Die Marcusheide mitten im Ort
Worpswede ist der letzte erhaltene Rest der Heide, die vor ca.
150 Jahren noch das gesamte Landschaftsbild bestimmte.
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 Die
Marcusheide -
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2.
Von der Marcusheide fahren wir durch die Straße Im
Schluh, den Ernst Licht Weg und den
Bergedorfer Utdamm den sanft abfallenden Hang des
Berges hinunter, bis wir zur Ortschaft Bergedorf gelangen. Hier
grenzt das Lange Moor an den Fuß des Weyerberges. Die
Landschaftsbezeichnung "Moor" mag bei manchem Besucher
falsche Erwartungen wecken, denn schwankende Torfmoosflächen
sind hier nicht mehr zu finden. Das Lange Moor ist im
biologischen Sinne kein Hochmoor mehr. Vom Hochmoor sind nur
kleinste Teilflächen übrig geblieben, die alle mit
Birken, Kiefern und Eichen zugewachsen sind. Über 80% der
Moorfläche im Langen Moor sind heute Grünland.
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Die riesigen unzugänglichen
Moore widerstrebten lange Zeit der Nutzung durch den
wirtschaftenden Menschen. Erst um 1751 begann die systematische
Kolonisierung der gesamten Teufelsmoor - Niederung unter dem
Moorkommissar Findorff (1720 - 92). In dieser Zeit sind die
Ortschaften Bergedorf, Schlußdorf und Mevenstedt gegründet
worden, die wir auf unserer Tour durchradeln. Unter Findorffs
Anleitung wurden die Hauptentwässerungsgräben als
Schifffahrtskanäle ausgebaut.
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Jeder Kolonist bekam 13 Hektar
Moorland zugeteilt. Der Torfabbau war für die Moorsiedler
für lange Zeit die wichtigste Erwerbsquelle, denn die
Erträge von kultiviertem Acker- und Grünland auf
Hochmoorboden waren ohne systematische Düngung nicht
ausreichend. Erst die gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte
Deutsche Hochmoorkultur und die Mineraldüngung stellte den
Moorbauern eine rentable Methode zur Grünlandnutzung zur
Verfügung.
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Die Findorff-Siedlungen stellen
eine einzigartige Siedlungsstruktur dar, die ihren besonderen
Reiz durch die von Birken und Schiffgräben gesäumten,
schnurgeraden Dorfstraßen erhält. Durch unangepaßte
Neubauten und Wirtschaftsgebäude verlieren diese Moordörfer
allerdings immer mehr ihr historisches Gesicht.
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 Grünland
und birkengesäumte Wege prägen des Bild des Langen
Moores. -
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3.
Die Geschichte der Torfschiffahrt ist in dem
Torfschiffswerftmuseum in Schlußdorf sehr anschaulich
dargestellt. Die Kanäle waren die ersten Verkehrswege im
Hochmoorgebiet. In ihnen mußte das Wasser mit hölzernen
Stauwehren gehalten werden, da es im Hochmoor keine Quellen gibt,
die ständig Wasser nachliefern. Parallel zu den Kanälen
wurden aus dem Aushub Dämme gebaut, die zum Ziehen der Kähne
und zum Schieben von Handkarren ausreichend trittfest waren.
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4.
Nach dem Besuch des Museums fahren wir in Schlußdorf
weiter, bis gegenüber von Hof Nr. 80 links ein Sandweg nach
Winkelmoor abbiegt. Am Ende von Winkelmoor biegen wir in die
Möwenstraße ein. Sie ist noch in der traditionellen
Form mit Moorklinkern gepflastert, wie früher alle Straßen
im Teufelsmoor. Der Ton für diese Klinker wurde am Weyerberg
abgebaut. Die bekannteste Lehmkuhle ist der Teich mit der Insel
am Barkenhoff.
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Die Möwenstraße mit
dem traditionellen Moorklinkerpflaster.
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Die Pionierbrücke an der
Mündung der Umbeck in die Hamme
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 Die
Möwenstraße mit dem traditionellen
Moorklinkerpflaster.
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Am Ende der Möwenstraße
erkennt man beim Überqueren des Mevenstedter Schiffgrabens
noch den Treidelpfad zum Ziehen der Torfkähne am östlichen
Ufer. Die Möwenstraße hat wie der Ort Mevenstedt
("Möwenstätte") ihren Namen von einem See,
der hier im Moor log und als Quellsee die Um
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5.
Die Umbeck wurde bereits 1786 zum Schiffahrtskanal begradigt und
ausgebaut und stellte die wichtigste Verbindung der Moordörfer
östlich des Weyerberges zur Hamme dar. Entlang der Umbeck
fahren wir aus dem Langen Moor in die Hammeniederung. Heute ist
die Umbeck, wie fast alle ehemaligen Schiffgräben im Langen
Moor, durch die intensive Landwirtschaft ein sehr stark
verschmutzter Gewässerlauf. Über die Pionierbrücke
schieben wir das Rad und gelangen auf die andere Seite der Hamme.
Bald erreichen wir die Ortschaft Teufelsmoor, die der ganzen
Niederung ihren Namen gegeben hat. -
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Die
Pionierbrücke an der Mündung der Umbeck in die Hamme
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6.
Das Dorf Teufelsmoor ist eines der ältesten in der Niederung
und stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die Höfe wurden auf
Wurten erbaut und werden heute von imposanten Eichen eingefaßt.
Sie liegen am Rande des Überschwemmungsbereichs der Hamme.
Von ihnen ging die Urbarmachung sowohl der flußnahen
Niedermoore als auch der rückwärtig gelegenen Hochmoore
aus.
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 Teufelsmoorhof. -
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Hinter dem Ort Teufelsmoor
erstreckt sich bis zur Osterholzer Geest ein weiteres
Hochmoorgebiet, das anders als das Lange Moor nicht vollständig
kultiviert wurde. Noch heute ist über die Hälfte des
Hochmoores ungenutzt mit Resten der hochmoortypischen,
torfbildenden Pflanzengesellschaften. Mehrere Gebiete wurden
bereits unter Schutz gestellt. Aufgrund seiner günstigen
Lage zwischen den natürlichen Wasserwegen Hamme und Beek war
der Ort Teufelsmoor über lange Zeit der wichtigste
Torflieferant für die Stadt Bremen. Die Teufelsmoorstraße
fahren wir bis hinter den Hof Nr.2 und biegen dort wieder noch
links in einen Sandweg ein.
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7.
Das Niedermoor entlang der Hamme wurde weitgehend zu Grünland
kultiviert. Der typische Charakter einer Flußniederung mit
ausgedehnten Sümpfen und flachen Seen ist nur noch im
Naturschutzgebiet Breites Wasser erhalten. Im Winter
treten Hamme und Beek regelmäßig über die Ufer
und überschwemmen die Niederung auf bis zu 3.000 ha. Dann
sammeln sich tausende von Schwänen, Gänsen und Enten
auf diesem riesigen Flachwassersee. Sie machen hier Station auf
dem Weg in die nordischen und arktischen Brutgebiete.
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 Balzende
Zwergschwäne in der überschwemmten Hammeniederung. -
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Wenn im Frühjahr die
Überschwemmungen zurückgehen, kommen die Wiesenvögel
wie Kiebitz, Bekassine und Uferschnepfe und sind mit ihren
Balzrufen weit in der Niederung zu hören. Greifvögel
wie die Wiesenweihe segeln flach über die nassen Wiesen, auf
denen Sumpfdotterblumen und Wiesenschaumkraut blühen. Doch
diese Idylle ist trügerisch, denn durch die immer frühere
Mond der Wiesen werden viele Bruten der Wiesenvögel
zerstört. Seit einigen Jahren geht ihr Bestand drastisch
zurück. Viele Feuchtwiesenpflanzen kommen nur noch an den
Grabenrändern vor. Bei Neu Helgoland queren wir wieder die
Hamme und erreichen über den Hammeweg Worpswede und den
Weyerberg.
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 Eine
alte Torfschiffergaststätte: Melcher's Hütte. -
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Dr. Hans-Gerhard Kulp
(Biologische Station Osterholz)
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Fotos: K. Finken, H.G. Kulp, E.
Ludwig
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