Ist Papier Geduldig?

Museumspädagogische Woche des Landschaftsverbandes 2005 im Museum Kloster Zeven

In diesem Jahr führten wir die Museumspädagogische Woche des Landschaftsverbandes Stade im Museum Kloster Zeven und in Zusammenarbeit mit der Grundschule Zeven durch. Die Begriffe Kloster – Bibliothek – Bücher brachte uns dazu, dieses Mal den Umgang mit Papier und dem Schreiben darauf im weitesten Sinne zum Thema zu nehmen. Auch sollten die Kinder mit der Sammlung des gastgebenden Museums Kloster Zeven bekannt gemacht werden. Dazu zeigte Museumsleiterin Luise DelTesta jeden Morgen im Rahmen der Begrüßung der Kinder einen „Papierschatz“ aus der Sammlung des Museums und erklärte Herkunft, Bedeutung und den Grund dafür, daß dieser „Schatz“ im Museum für die Nachwelt aufgehoben werden muß.

Nach ausführlichen Diskussionen entstanden die folgenden Mitmach-Stationen (weiter unten werden sie näher beschrieben):

Tinte – Wie geht das? (Hubert Hansel, Landschaftsverband Stade)

Federn – Auch zum Schreiben (Siegfried Stölting, Deutsches Schiffahrtsmuseum Bremen)

Bücher binden – Kann das jeder? (Birgit Weiden, Handwerkermuseum Sittensen)

Wappen – Auch für uns? (Karla Lütjen, Museumsanlage Osterholz-Scharmbeck)

Papier – Wie macht man das? (Maren Corleis-Fenner, Schwedenspeichermuseum Stade,und Isabella Huhn, ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg, Jean-Loup Ringot, Freiberuflicher „Archäo-Gaukler“, Hambergen)

Pigmente – Was färbt wie? (Hans-Georg Ehlers-Drecoll, Schwedenspeichermuseum Stade )

Museumspädagogische Woche – Was passiert da? (Lehrerin und Schüler/Schülerinnen der Grundschule Zeven)

Die Woche

Von Montag bis Donnerstag wurden diese Stationen „abgelaufen“: 60 gut gelaunte Grundschulkinder rührten Tag für Tag im Papierbrei, kochten Tinte und Wachs, kleisterten Pappdeckel ein und rieben Farbklumpen zu feinem Mehl. Und damit die Erfahrungen der museumspädagogischen Woche des Landschaftsverbandes über die Gruppe der Schüler und Schülerinnen der Grundschule Zeven hinaus bekannt werden, wurde am Freitag nachmittag ein Museumsfest veranstaltet, bei dem die Kinder ihre Geschwister und Eltern im Museum herumführen und ihnen zeigen konnten, was sie gelernt hatten. Viele Eltern waren gekommen, um sich von ihren Kindern die Arbeitsweisen und die Produkte an den einzelnen Stationen erklären zu lassen. Selbstverständlich konnten alle auch wieder an Mitmachaktionen teilnehmen. Vormittags hatten die Schüler und Schülerinnen die Ausstellung zum Thema „Papier schöpfen“ gesehen und den Künstler getroffen.

Da alle Beteiligten viel Spaß an dieser Aktion hatte, erhielten die Akteure der Museumspädagogischen Woche…

…von der Schule jeder eine Rose und Pralinen!

Die beteiligten Museumspädagogen haben viel Lob von Kindern und Eltern, von Lehrern und von der Presse erhalten. Dieses Lob gilt selbstverständlich auch dem Museum Kloster Zeven. Gerade die kreative und technisch-organisatorische Zusammenarbeit mit dem Partnermuseum und der Partnerschule hat die 10. Museumspädagogische Woche des Landschaftsverbandes Stade zu einem überaus gelungenen Projekt gemacht.
Darüber hinaus sind an den Stationen viele interessante Projektabläufe entwickelt und erprobt worden, die im Weiteren vorgestellt werden:

Und so sahen die Stationen aus:

Tinte – Was ist das und wie stellt man es her?

Hintergrund: In Klöstern wurde nicht nur gebetet, es wurden auch Bücher aufbewahrt und kopiert – was vor der Erfindung des Buchdrucks bedeutete abgeschrieben. Dabei wurden die Seiten besonders schön gemacht, indem z.B. die ersten Buchstaben jedes Kapitels aufwendig verziert wurden. Einige Beispiele derartiger Buchstaben wurden den Schülern gezeigt. Ziel dieser Station sollte es sein, z.T. mit selbst hergestellten Farben einen solchen verzierten Buchstaben zu entwerfen.

Durchführung: Woraus ist Tinte? Alles, wovon die Mütter sagen, es mache Flecken die nicht oder nur schwer „wieder ‚raus gehen“ hat das Potential, als Tinte oder Tusche benutzt zu werden. So auch Kirschsaft. Zur Zeit der museumspädagogischen Woche wurden im Alten Land gerade die Kirschen reif, also wurde die erste Farbe aus Kirschen hergestellt. Etwa ½ Tasse Kirschen wurden durch ein Sieb gedrückt, der daraus entstandene Saft mit ½ Teelöffel Essig und ½ Teelöffel Salz konserviert. Selbstverständlich wurden auch größere Mengen Kirschen dabei verzehrt. Die so entstandene Farbe sieht zunächst rot aus, wird aber beim Trocknen Lila.

Eine weitere Substanz, die schwer auswaschbare Flecken erzeugen kann, ist Ruß. Für die „Rußtinte“ wurde zunächst eine Basisflüssigkeit gekocht, aus der unter Zugabe von Pigmenten jede mögliche Farbe hätte erstellt werden können, wir haben dann mit Ruß schwarze Farbe hergestellt: 15 volle (!) Teelöffel Wasser, ½ Teelöffel Honig, 1 ½ Teelöffel Essig, ½ Teelöffel pulverisiertes Gummi Arabicum (wurde früher zur Herstellung von Gummibärchen benutzt) aufkochen, dann einen Teelöffel Ruß dazu, fertig ist eine ergiebige und tief schwarze Farbe.

Mit diesen Tinten und einigen anderen, die entweder vor den Augen der Kinder gekocht (Tinte aus Blauholz) oder nur besprochen wurden (Eisengallustinte, Tinte vom Tintenfisch wurde gezeigt und berochen!), sowie einigen gekauften Tinten wurden dann Entwürfe und letztlich auch die Majusklen erstellt

(Hubert Hansel)

Federn – auch zum Schreiben

Alte Dokumente aus dem Museum Zeven bilden den Anknüpfungspunkt: Schriftlichkeit aus der Zeit vor Erfindung der Schreibmaschine und des Computers bediente sich anderer Gerätschaften. Auch die geläufigen Werkzeuge für handschriftliche Aufzeichnungen (Füller, Filzstift, Kugelschreiber) sind Weiterentwicklungen aus ursprünglichen Geräten.

Drei Formen, die Gänsefeder, die Rohrfeder und der Pinsel, wurden selbst hergestellt und erprobt. Das Zuarbeiten der Federn mit den Arbeitsgängen Ausschneiden, Zuspitzen/Formen, Einschneiden wurde von fast allen bewältigt. Beim Herstellen der Rohrfedern aus Bambusabschnitten war mehr Mühe und Kraft erforderlich, dafür ließen sich die fertigen Texte aber auch mit Namen oder Ornamenten dekorieren.

Natürlich wurden die Federn auch erprobt. Bei richtigem Gebrauch ist die Gänsefeder sparsamer, die Rohrfeder verbraucht mehr Tinte, wurde aber von fast allen Schülern als angenehmer im Gebrauch empfunden.
Historische Schreibgeräte eignen sich besonders für Kalligraphie. So wurden die praktischen Schreibübungen dann auch auf die Nachahmung alter Schriftvorlagen (Karolingische Minuskel, Zierschriften des 18. Jahrhunderts) erweitert. Dabei konnten auch Nutzungen im Alltag geübt werden, für Einladungen, Geschenkdekorationen u. ä.

Jeweils zwei Gruppen konnten pro Vormittag an dieser Station arbeiten. Das beabsichtigte Programm wurde von allen bewältigt. Die selbstgefertigten Rohrfedern durften die Schüler mitnehmen. Viele äußerten die Absicht, den Gebrauch zu Hause fortzusetzen.
(Siegfried Stölting)

Bücher binden – kann das jeder?

Mappenherstellung

Materialien:

2 Pappendeckel, Buchbinderleinen, Versatzpapiere (Innen), Schmuckpapier (Aussen), Leim und Bänder

Werkzeuge: Scheren, Cuttermesser, Pinsel, Lineal, Schneideunterlage, alte Zeitungen, Gewichte, Schablonen für die Papiere und das Buchbinderleinen, Bleistifte

die Größe der Schablonen richtet sich jeweils nach der Größe der Pappendeckel

Arbeitsschritte:

festlegen der Zwischenräume der Pappdeckel

erstes kleben der Pappdeckel mit einem Versatzpapierstreifen

zuschneiden der Stoßkanten, zwei Ränder, ein Rücken (Außen) und ein Rücken (Innen)

kleben Rücken Außen und Innen

kleben der Ränder, umlegen der Ecken wie beim Heft einschlagen

Lochen der Pappdeckel am Rand, außen und einkleben der Bänder

Schmuckpapier kleben, die Überlängen auf die Innenseite einschlagen

Versatzpapiere einkleben

Mappe fertig!

Museumspädagogische Woche – was passiert da?

Die Dokumentationsgruppe wurde von einer Lehrerin betreut. Im Laufe der Woche nahmen Mitglieder dieser Gruppe an allen Stationen teil und machten Fotos von den dort stattfindenden Arbeiten. Am Freitag – dem „Präsentationstag“ – stellte diese Gruppe Stellwände auf und dokumentiert dort die museumpädagogische Woche aus ihrer Sicht. Als Beispiel hier die so entstandenen Texte zur Station „Mappenherstellung“:

Die Kinder konnten sich selbst eine Mappe bauen um ihre Projektsachen darin aufbewahren zu können.

Mappenherstellung Birgit

Material für die Mappen:

Buchbinderleim, Pappe, gewebtes Band, Papier, Leim 5kg Gewicht

Wie man Mappen herstellt:

1 Stock zwischen 2 Pappstücke legen um die Länge auszumessen. Die Mappe mit Leim zusammenkleben. An beiden Seiten 1 Loch reinstechen, einen Faden durchziehen und festkleben. Mit Leim klebt man das Wappen vorne drauf. Danach klebt man die überstehende Pappe nach innen. Die Mappe ist etwa in DIN A4 gemacht. Papier, das übrig geblieben ist, wird dann später zerkleinert, damit man noch etwas basteln kann.

Auch Fotos hat die Dokumentationsgruppe gemacht und am Freitag, dem Präsentationstag, kommentiert und auf rote Pappe geklebt, veröffentlicht. Hier einige Beispiele zur Station „Papier schöpfen“:

Station „Pigmente – Was färbt wie?“:

Ölpastellkreide herstellen

Bei unserer Museumspädagogischen Woche habe ich mit den Kindern Ölpastellkreide aus gemahlenen Rötelbrocken und Holzkohle hergestellt. Man kann aber auch andere ungiftige farbkräftige Pigmente nutzen. Außer den Pigmenten brauchten wir nochfolgende Zutaten: Terpentinöl, Standöl und gebleichtes Bienenwachs, sowie 2 kleine Töpfe mit einem V-förmigen Ausguss, einen großen Topf, in dem die kleinen Töpfe stehen können, Alufolie und ein bißchen Knetmasse

Und so wird es gemacht:

Zuerst stellen wir die Formen für die Kreiden her, indem wir einen Streifen Alufolie um einen ca. 7cm langen und 1cm dicken Holzstab wickeln, so dass der Holzstab noch ca. 1cm herausschaut. Diesen Holzstab stecken wir dann in einen Klumpen aus Knetmasse, so dass er aufrecht auf der Arbeitfläche stehen kann. Die Knetmasse muss mit der Alufolie gut abschließen, damit später beim Eingießen nichts auslaufen kann.

Herstellung:

  • In den Topf mit dem V-förmigen Ausgussrand füllen Sie das Pigment – jedoch nicht mehr als dass der Topf zu 1/3 gefüllt ist, da die anderen Bestandteile noch hinzugefügt werden müssen. Fügen Sie Terpentin dazu. Es soll eine Paste mit so wenig wie möglich Terpentine entstehen!
  • Leeren Sie die Paste auf das Glas/Plexiglas und reiben Sie die Paste solange bis sie gut pastös und ohne Klumpen ist. Dann geben Sie die Paste wieder in den Topf und decken den Topf ab.
  • Nun geben Sie das Bienenwachs in den nächsten Topf mit dem V-förmigen Ausfluss und stellen diesen in den Wasserbad-Topf. Der Topf mit dem Bienenwachs muss fest in dem Wasserbadtopf auf dem Boden stehen, nicht schwimmen. Auf einer Heizplatte – nicht auf offenem Feuer – das Wasserbad erhitzen bis das Bienenwachs schmilzt. Durch Umrühren vermeiden Sie Klumpenbildung.
  • Nun mischen Sie 1 Teil Standöl zu 3-4 Teilen Bienenwachs. Mit zuviel Hinzugabe von Öl erhalten Sie Stifte, die nicht aushärten oder sehr weich bleiben. Mit zu wenig Öl erhalten Sie Stifte, die beim Arbeiten bröckeln. Wird die Paste beim Anreiben zu schnell hart, können Sie diese leicht in dem Wasserbad wieder erweichen durch erhitzen.
  • Geben Sie die Öl/Wachs-Paste zu der Pigmentpaste. Die Variation der Anteile der Pasten bestimmt ebenfalls die Qualität der Kreidestifte, die Sie herstellen. Einige Pigmente absobieren das Öl eher als andere es tun. In einigen guten Handbüchern für Künstlermaterial sind diese Verhaltensweisen der verschiedenen Pigmente aufgeführt. Dort können Sie nachlesen welches Pigment wieviel Ölanteil benötigt.
  • Als Regel gilt:
    Je grösser der Anteil der Öl/Wachs-Paste ist, desto lasierender/transparenter wird die Kreide und wird den Malgrund durchscheinen lassen. Wenn Sie nicht genug Öl/Wachs-Paste nehmen, bindet das Pigment nicht ab und das Ergebnis ist, dass der Stift auf den Malgrund bröckelt beim Arbeiten. Wenn Ihnen die Konsistenz Ihres hergestellten Stiftes nicht gefällt, können Sie Ihn leicht im Wasserbad wieder erweichen und anschliessend durch ändern des Pastenanteiles die Qualität des Stiftes verbessern.
  • Mit dem V-förmigen Ausfluss können sie leicht die fertige Paste in die Aluminiumformen giessen. Legen Sie vor dem Abfüllen unter die Formen altes Zeitungpapier, sodass der Tisch o.a. nicht unnötig beschmutzt werden. Es empfielt sich eventuell einfache Einmal-Handschuhe zu arbeiten zutragen.
  • Es dauert einige Stunden bis die Kreidestifte ausgekühlt sind. Sie können den Abkühlunsprozess beschleunigen, wenn Sie die Stifte in den Kühlschrank geben. Die Aliminiumfolie um die Stifte, die als Form gedient hat, können Sie um die Stife lassen. Sie behalten dann beim Arbeiten etwas sauberere Hände. Reissen Sie einfach nur soviel Rand der Folie von dem Stift vor dem Arbeiten ab, wie Sie gerade an Stiftlänge benötigen werden. Wenn Sie den Stift nach dem Arbeiten mit der Folie wieder verschliessen, bewahren Sie ihn vorm Auslaufen bei ungewollter Hitzeeinwirkung/Sonneneinstrahlung (z.B. beim Arbeiten im Freien im Sommer) und vor Verunreinigungen.

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