Band 37

Der wilde und der gezähmte Fluss

Zur Geschichte der Deiche an der Oste

Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden, Band: 37

Flüsse prägen die Menschen, die an ihnen leben. Auch die Oste – längster norddeutscher Nebenfluss der Elbe – hat die Erfahrungen der an und mit ihr lebenden Menschen bestimmt. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war sie die bedeutendste Verkehrsader im Elbe-Weser-Raum. Von Bremervörde bis zur Mündung in die Elbe bei Belum ist die Oste gezeitenabhängig, also auf über 70 Kilometer. Die Geschichte dieses tidebeeinflussten Abschnittes mit seinen Flussmarschen steht im Mittelpunkt eines neu erschienenen Buches. Die Flussmarschen der Oste sind geprägt durch die Deiche sowie Gräben, Wettern und Flethe, die – ebenso wie Siele und Schleusen – der Entwässerung dienen. Viele Orte in den Ostemarschen ziehen sich bis heute entlang der Deiche.

Man lebte mit dem Fluss und seinen Fluten. „Wasserzeiten“ nannte Urban Friedrich Christoph Manecke in seiner Topografie des Elbe-Weser-Raumes die von der Nordsee her kommenden Gezeiten. Ebbe und Flut ließen die Flussmarschen an beiden Ufern der Oste entstehen – also den mehr oder weniger breiten, aufgeschlickten und fruchtbaren Boden. Voraussetzung des Wohlstands war der im hohen Mittelalter begonnene und in den folgenden Jahrhunderten fortgesetzte Bau von geschlossenen, winterfesten Deichlinien. Verbunden mit Sielen und Schleusen, Schlengen und Stackwerken erlaubte er eine intensivere Besiedlung und Bewirtschaftung der Marschen am nunmehr „gezähmten“ Fluss, lenkte und regulierte die Fluten. Deiche versinnbildlichen das Bemühen, die mit dem Wasser verbundenen Gefahren abzuwehren und es sich nutzbar zu machen. Deiche wurden zum Symbol des Lebens am und mit dem Fluss, zur Grundlage einer ganz besonderen regionalen Gesellschaft und Identität.

In dem vorliegenden Buch ist von zahlreichen, meist mit historischen Karten und Zeichnungen bebilderten Einzelfällen zu lesen, in denen die Menschen an der Oste zeigten, wie sie es gelernt hatten, mit dem Wasser und den Gezeiten umzugehen, sich ihnen anzupassen und sie vor allem für sich zu nutzen.

Aber das Wechselspiel von Ebbe und Flut machte die Oste auch immer wieder unberechenbar, ja wild. Von vielen Sturmflutkatastrophen und Überschwemmungen berichtet das Buch – von der Weihnachtsflut 1717 bis hin zur katastrophalen Orkanflut von 1962. Die Bewohner, das Vieh, die Immobilien und andere materiellen Güter sowie die Feldfrüchte waren immer wieder von Deichbrüchen und Überschwemmungen bedroht.

Der Sozial- und Kulturhistoriker Norbert Fischer hat in über dreijähriger Forschungsarbeit zahlreiche archivalische Quellen und Karten zur Geschichte der Oste ausgewertet. Gefördert wurde das Projekt von der Landschaft der Herzogtümer Bremen und Verden, dem Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden e.V., dem Deichverband Kehdingen-Oste, dem Ostedeichverband und der Stiftung der Volksbank eG Osterholz-Scharmbeck.

Norbert Fischer
Der wilde und der gezähmte Fluss. Zur Geschichte der Deiche an der Oste.
Stade 2011
ISBN 978-3-931879-50-1 | ca. 361 Seiten
29,80 €

Das Buch ist im Buchhandel oder direkt über den Landschaftsverband Stade unter info@landschaftsverband-stade.de zu beziehen.

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